Blogthema

Outtake aus Mooyan 4: Der Orden der Bienen

von Thomas Poppner

Faria ist ja ein besonderes Land mit besonderen Strukturen. Als der Orden der Bienen als kämpfende Einheit entstand, war es schon irgendwie eine coole Idee. Und es wäre so schön gewesen, wenn sich Faria durch diesen Orden an den schwimmenden Felsen ein Eigentor geschossen hätte.

Die Schlacht an den Sûq-Allabaîn funktionierte aber nicht. Als sie rausflog, wanderte der Bienenorden nun zur Ersatzschlacht in Band 3. Die brauchte aber gar keine Bienen. Und so wanderte der Text zu Lasitas Identitätskrise in Band 4, als Erklärung zu den Aussagen an den Wolkenfelsen.

Und wie konnte es anders sein: Lasitas Seelsorgesitzungen an den Wolkenfelsen empfanden mehrere Testleser als langatmig. Also flogen gleich zwei solche Kapitel raus und mit ihnen die Bienen. Denn es war eh eine Schnapsidee, Lasita dort unterzubringen.

Der Orden der Bienen

Der Orden der Bienen, ein großer Orden, hatte mit dem honigbringenden Insekt wenig zu tun. Es handelte sich um einen Orden des Krieger-Konglomerats. Einen Orden, dem ausschließlich Frauen angehörten, die ihre Bestimmung nicht darin sahen, mit Waffen zu kämpfen. Einst gründeten sie sich als die Konkubinen. Dann haben sie sich jedoch darin gefallen, sich in die Bienen umzubenennen. Dieser Orden bestand aus Frauen, die zu allem entschlossen waren – denen man nachsagte, sie würden über eine hohe Lüsternheit verfügen.

Die Landesverteidigung der kompletten nördlichen Küstenlinie wurde vorzeiten von einem Bataillon Lustsklavinnen aus dem Egyras geschleift. Lustsklavinnen, denen man ihre Freiheit in Aussicht gestellt hatte, wenn ihre Mission denn erfolgreich verlaufen würde. Und sie war erfolgreich. Denn den Waffen dieser in der Kunst der Liebe geübten Frauen unterlagen Hundertschaften von Farias treuen Kriegern. Im Schlaf wurden sie dann mit ihren eigenen Waffen erstochen. Festungstore wurden geöffnet, Verteidigungsanlagen außer Kraft gesetzt. Und das alles von Sklavinnen, die in Kriegstaktik nicht geübt waren und deren einziges Können darin bestand, einem Mann die Sinne zu rauben.


Faria war dafür bekannt, vergangene Fehler zu durchdenken und ungewöhnliche Gegenmaßnahmen einzuleiten. Die Idee, einen Orden der Konkubinen einzurichten, kam aber nicht etwa von einem Senator, einem Prätor oder einem Meister. Nein, einige Frauen brachten diesen Vorschlag ein. Frauen, die sich dem Krieger-Konglomerat zugetan fühlten, aber von ihrer Statur her an der Waffe wenig Chancen hatten. Frauen, die häufig von einem Konglomerat zum anderen geschoben wurden: von der Wissenschaft zum Handel, vom Handel in die Produktion. Manche versuchten sich auf der Suche nach ihrem Platz in den Strukturen Farias sogar in der Magie. Doch weder in der Magie noch in der Wissenschaft, der Produktion oder dem Handel schlugen sie Wurzeln, denn in ihnen schlug ein Kriegerherz.

So waren es zunächst siebenunddreißig Frauen, die beim Senator des Krieger-Konglomerats vorsprachen und ihn darüber in Kenntnis setzten, dass sie einen Orden der Konkubinen einrichten wollten. Einen Orden gründen durfte in Faria jeder. Es war lediglich nötig, ein Konglomerat zu finden, welches diesen Orden aufnahm.

Einen Tag zuvor hätte niemand geglaubt, dass es jemals einen solchen Orden geben würde. Und bereits zwei Wochen später hielt man es für angemessen, den Orden in die Bienen umzubenennen. Zum einen, um deutlich zu machen, dass es sich keineswegs um Sklavinnen handelte. Zum anderen aber auch, um die Wehrfähigkeit dieser Frauen herauszustellen.

Seit dieser Zeit ist der Orden der Bienen auf mehrere Hundertschaften angewachsen. Und von den einen verlacht, von den anderen mit Argwohn beäugt, zeigte er schnell seine wahre Stärke: Die Bienen gingen dorthin, wo Männer besonders schwere Aufgaben zu verrichten hatten. Wo sie lange in Einsamkeit verharren mussten, wo sie Anfechtungen ausgesetzt waren. Dort, wo Stellungen unbedingt gehalten werden mussten. Eben dort, wo damals beim Angriff auf die Nordküste Farias Hundertschaften von Männern versagten. Und schnell erkannte man, dass die eigenen Truppen sich nun gegenüber feindlichen Lustsklavinnen resistenter zeigten. Und neben einer deutlich höheren Moral gab es eine weitere Auffälligkeit: Die Krieger Farias beschützten ihre Bienen. Und sie taten dies auch in Situationen, in denen sie auf sich alleingestellt vor dem Feind geflohen wären. So sind Fälle bekannt, in denen die Krieger Farias nur deshalb eine Stellung hielten, weil ihre Bienen sich einer feigen Flucht verweigerten. Die eigene Stellung hätten die Kämpfer im Stich gelassen – ihre Bienen nicht.


Als die ersten zehn Frauen unter dem Bienen-Banner von einigen hundert Jahren summend durch die Tore der Festung am Al’Alamath einrückten, wurden sie zunächst belächelt, bis sie sich dort in den Mannschaftsquartieren ihre Kleidung vom Leib rissen. Seither war niemand so willkommen in der Schlacht, wie die unbewaffneten Kriegerinnen aus dem Bienenorden. Seitdem bricht Jubel aus, wenn das Bienen-Banner in Sichtweite kommt und mit einem Summen, so hat es sich eingebürgert, begrüßen sich die Krieger Farias und ihre Bienen, um zu zeigen, dass sie sich gegenseitig erkannt haben und keine Gefahr droht.

Ob es auch einen Orden der Drohnen gab?

Tatsächlich fanden sich die benötigten zehn Interessierten, um einen solchen Orden zu gründen. Doch schnell wurde durchschaut, dass diese sich mehr dem eigenen Vorteil verpflichtet fühlten, als dass sie sich durch Selbstlosigkeit hervortaten. Davon abgesehen zeigten sich die starken Kriegerinnen Farias wenig beeindruckt von Männern, die nicht dazu in der Lage waren, ihr eigenes Leben zu verteidigen. Stattdessen fühlten sie sich hingezogen zu ihren wehrhaften Kameraden, an denen es im Krieger-Konglomerat keinen Mangel gab. Und so scheiterten die Drohnen keineswegs an der Gründung eines Ordens. Nein, sie wurden schlicht und einfach während ihres ersten Einsatzes vom Feind erschlagen, weil sich niemand fand, der sich vor sie stellte, um sie zu beschützen. Einen zweiten Versuch zur Gründung eines Drohnen-Ordens unternahm seitdem niemand mehr.

Zurück zur Newsübersicht

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 4 und 3.